nicht jeder, der einen Menschen trifft,
begegnet ihm auch

Ein großer Schritt

2018-10-14

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Es war still hier in den letzten Monaten. Nicht so in meinem Leben. Wie das Schicksal oftmals wirksam ist, so auch bei mir. Im Frühjahr dieses Jahres wurde das lange webende Thema Umzug konkret. Eine Wohnung stand bereit. Leer. Gerade so, als hätte sie gewartet, bis wir endlich soweit waren. Groß genug für zwei Menschen mit zwei komplett eingerichteten Wohnungen. Gerade auch groß genug für meine Vorstellungen von einem gemeinsamen Alltag.
Dann ging alles sehr schnell. Kaum war klar, dass diese Wohnung gut für uns ist, war der Mietvertrag auch schon unterschrieben. Beinah wie eine Nacht- und Nebelaktion. Kurz danach schon der erste Aufwachmoment. Plötzlich fiel alles auf, was nicht gut war, was nicht unseren Vorstellungen entsprach. Uijuijui. Was tun? In den ersten Wochen nach Vertragsabschluss wurde noch einiges erreicht, womit wir auch viel Glück hatten. Inzwischen ist alles in etwa so, wie es uns gefällt.
Es folgten Wochen, die uns sehr forderten planen, organisieren, einpacken. Damit nicht genug, es musste ein Nachmieter gefunden werden für die alte Wohnung in Basel. Auch ich musste organisieren, dass ich mein Arbeitszimmer in der Heidelberger Wohnung weiter nutzen kann und den Rest der Wohnung weitervermiete. Gelungen. Die Wochenenden im Juni und Juli waren geprägt von Fahrten hin und her, von packen hier, packen dort, ausmisten, trennen von vielen Dingen, neue Dinge besorgen und so weiter. Alles eine enorme Anstrengung, sowohl körperlich als auch seelisch. Schließlich sind wir beide ja nicht mehr gar so jung.
Das Thema für diesen Schritt lautete wie gelingt der Spagat von Verbindung und Autonomie. Ein Spruch von Tucholsky passt hier gut „Lebst du zu zweit? Lebst du allein? Der Mittelweg wird wohl der rechte sein.“
Wie aber sieht ein Mittelweg zu diesem elementaren Thema aus? Diese Frage bewegte meine Gedanken und meine Gefühle. Nicht immer konform. Die ursprünglichsten beiden Bedürfnisse eines jeden Menschen sind Verbindung und Autonomie. Wir wollen verbunden sein und gleichzeitig autonom. Ein Paradox. Klar ist auch, dass meist eines der beiden Grundbedürfnissen bei den jeweiligen Individuen überwiegt. Mein ewiges Streben geht in Richtung Autonomie. Nicht besser, nicht schlechter, nicht einfacher, nicht schwieriger als die andere Richtung. Weil das Gegenbedürfnis ebenfalls in einem webt und sucht. Nur weniger gewichtig. Wenn nun zwei Menschen zusammenkommen, bei denen diese beiden Bedürfnisse geradezu diametral entgegengesetzt gewichtet sind, wird der Spagat deutlich sichtbar. So in etwa.
Doch jetzt ist der Schritt getan. Ein Zusammenleben unter einem Dach. Wir ringen. Ringen um jede Kleinigkeit. Ob von Hand gespült wird oder mit der Spülmaschine. Ob dieses Bild hierhin oder dorthin zu hängen kommt. Ob Biowaschmittel oder konventionelles. Welche Blumen den Balkon zieren dürfen … Die Liste ist nahezu endlos. Jetzt sind die Äußerlichkeiten nahezu geklärt. Ich denke die Gestaltung des Alltaglebens wird noch einige Zeit länger dauern. Sicher wird sie das. Kompromisse sind gefragt. Verzicht ist gefragt.
Man darf fragen wozu diese ganze Anstrengung? Ich möchte die Frage hier erstmal ganz einfach beantworten. Einfach und essentiell. Der Mensch unterscheidet sich von anderen Lebewesen dadurch, dass er einen Entwicklungssinn hat. Diesem nachzukommen bedeutet auch, dass es gilt, die weniger entwickelte Seite kennenzulernen. Ich also werde jetzt meinem weniger entwickelten Grundbedürfnis, dem der Verbundenheit nachgehen und schauen, was geschieht.
Ach so, noch was … als ich den Satz …Wer den gemeinsamen Besuch bei IKEA übersteht, kann sich stolz auf die Schulter klopfen… auf irgendeiner Internetseite las … klopfte ich mir stolz auf die Schulter … Und ihm natürlich auch. Mehrmals.

Kategorie: Realitäten
Tags: bemerkenswert